Vergessene Heldinnen und Helden

Alzheimer NRW fordert Prämie für pflegende Angehörige

Pflegenden Angehörigen und Pflegebedürftigen verlangt die Corona-Pandemie enorm viel ab. Seit Monaten sind alte und kranke Menschen ans Haus gebunden, Kontakte auf ein Minimum beschränkt. Weil Tagespflegen und Betreuungsgruppen schließen mussten, blieb vielen Berufstätigen nichts anderes übrig, als unbezahlten Urlaub zu nehmen oder ihre Arbeitszeit zu reduzieren, um die Pflege selbst zu übernehmen. „Einmal mehr erweisen sich pflegende Angehörige in der Corona-Krise als unverzichtbare Säule des Pflegesystems“, sagt Regina Schmidt-Zadel, Vorstandsvorsitzende des Landesverbands der Alzheimer Gesellschaften NRW. „Leider wird ihr Einsatz aber kaum wahrgenommen.“ In einem Brief an NRW-Gesundheitsminister Josef Laumann hat Alzheimer NRW daher vorgeschlagen, eine Prämie für pflegende Angehörige einzuführen. Vorbild könnte Mecklenburg-Vorpommern sein, das bereits seit Mai zuhause Pflegenden eine Corona-Prämie gewährt.

Vor allem die coronabedingte Schließung von Tagespflegen und ambulanten Angeboten sowie der Wegfall ausländischer Pflegekräfte haben Familien, die kranke und ältere Menschen zuhause versorgen, in arge Bedrängnis gebracht. Viele berufstätige oder selbstständig tätige Angehörige mussten sich von jetzt auf gleich frei nehmen oder Stunden reduzieren, um selbst die Pflege zu leisten oder nach alternativer Betreuung zu suchen. „Neben den damit verbundenen organisatorischen und emotionalen Herausforderungen bedeutet dies für die Betroffenen spürbare finanzielle Einbußen und Mehrbelastungen“, erklärt Regina Schmidt-Zadel. In der Folge drohe später Altersarmut, die vor allem Frauen trifft, weil sie meist nach wie vor die häusliche Pflege übernehmen. „Gerade bei Menschen mit Demenz“, so die Gesundheitsexpertin, „verstärkt das Fehlen sozialer Kontakte und Aktivitäten zudem den Krankheitsverlauf.“ Pflegende Angehörige der Betroffenen gerieten da zunehmend an ihre Grenzen.

Die von der Bundesregierung im Mai verabschiedeten Beschlüsse, das Pflegeunterstützungsgeld und die kurzfristige Freistellung von der Arbeit auf 20 Tage auszuweiten, seien zwar ein guter Anfang, so die Vorstandsvorsitzende von Alzheimer NRW. Sie reichten aber bei weitem nicht aus, die über einen so langen Zeitraum anfallenden Mehrbelastungen zu kompensieren. Um die Leistungen und das Engagement pflegender Angehöriger im Kontext der Corona-Pandemie zu würdigen, schlägt der Landesverband der Alzheimer Gesellschaften daher eine Prämie für pflegende Angehörige in Nordrhein-Westfalen in Form einer Einmalzahlung vor. „Diese sollte – unbürokratisch und zeitnah – Privatpersonen zugutekommen, die während der Corona-Krise Angehörige oder Menschen mit Behinderung zuhause pflegen und betreuen“, so Schmidt-Zadel.

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine solche Prämie bereits. Seit Ende Mai können pflegende Angehörige dort eine einmalige Leistung in Höhe von 500 Euro beantragen. Ein nachahmenswertes Beispiel, findet Regina Schmidt-Zadel. Und betont: „Pflegende Angehörige sind in höchstem Maß systemrelevant.“ Alzheimer NRW appelliert daher an die Landesregierung, mit einer Corona-Prämie für pflegende Angehörige ein Zeichen der Wertschätzung und Solidarität zu setzen.

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